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Perspektivwechsel: Lehrerinnen als Praktikantinnen
Teil 1


Ich wollte bei einem regionalen Dienstleister mein Praktikum ableisten. Da bereits einige Familienmitglieder und Mitarbeiter meinen Unterricht an der Gewerblichen Schule Metzingen besuchten, dachte ich sofort an die Firma Kawasch Dienstleistungen in Reutlingen. Außerdem bin ich die Klassenlehrerin des aktuellen Auszubildenden der Firma. Jessica Kawasch-Barth war sofort mit meinem Vorschlag einverstanden. Aufgrund meiner zusätzlichen regulären Unterrichtsverpflichtung einigten wir uns darauf, dass ich an 5 Montagen mein Praktikum absolvieren konnte. Nach ein paar Tagen bekam ich den Praktikumsplan, in dem alle Abteilungen, die ich durchlaufen sollte, mit den jeweiligen Ansprechpartnern aufgelistet waren.

Mein letztes Praktikum liegt nun schon einige Jahre zurück und so war ich schon etwas nervös, was mich erwarten würde. Zu Beginn sollte ich einen Einblick in die Auftragsannahme bekommen. Dort wurde ich von den 4 dort arbeitenden Damen sehr herzlich empfangen und anhand von vielen Beispielen und aktuellen Anfragen der Kunden wurde mir erklärt, wie die Abläufe innerhalb der Firma sind. Ich bekam Formulare, Arbeitsscheine, Checklisten, Materiallisten usw. zu sehen und einen guten Überblick über die Organisation der Aufträge inklusive der aktuellen Software. Der Tag ging wie im Flug vorbei.

Für den zweiten Praktikumstag stand auf dem Programm, dass ich mit einem meiner ehemaligen Schüler Muamer Cirak auf Schädlingsbekämpfungs-Tour gehen sollte. Der Tag begann bereits um 6:30 Uhr im Lager der Firma Kawasch, wo die Fahrzeuge für den anstehenden Tag anhand der Arbeitsscheine bestückt wurden. Wir fuhren anhand der Aufträge etwa 10 Objekte ab, kontrollierten zusammen die Rattenköderstationen und befüllten sie wenn nötig mit begifteten oder unbegifteten Ködern; wir bekämpften Ameisen in einer Schule, berieten Kunden und dokumentierten jede Tätigkeit über Tablet. Eine spezielle Software, in die sämtliche Rattenköderstationen in einem Plan des jeweiligen Objektes eingezeichnet waren, half uns dabei. Am Ende dieses Tages konnte ich Schnecken- von Rattenfraßspuren unterscheiden und war beeindruckt von der Organisation der Arbeiten. Muamer und ich hatten zusammen einen erfolgreichen und unterhaltsamen Tag.

Am dritten Tag des Praktikums war ich in der Technischen Leitung der Firma Kawasch. Sennay Woldemariam zeigte mir, wie die Aufträge dort (nicht die der Unterhaltsreinigung, das macht eine andere Abteilung) koordiniert werden. Dazu ist viel Erfahrung erforderlich. Man muss wissen, wie die örtlichen Gegebenheiten sind und welche technischen Hilfsmittel von den Arbeitskräften benötigt werden. Der zeitliche Aufwand muss genauso abgeschätzt werden wie die optimale Zusammensetzung der Teams, die den Auftrag ausführen. Ich erfuhr weiterhin, wie die Azubis, die unter anderen auch bei mir ihren Theorieunterricht absolvieren, parallel dazu in der Firma ausgebildet werden. Sennay Woldemariam erläuterte mir die Stationen, die die Azubis durchlaufen, um alle nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten bis zur Prüfung zu erlernen. Mir wurde an diesem Tag sehr stark bewusst, wie die Prozesse und Abläufe innerhalb der Firma ineinander greifen. Ein Einblick in das Lager rundete den Tag optimal ab.

Der vierte Tag begann mit einem Kundenbesuch in Reutlingen zusammen mit der Firmenchefin Jessica Kawasch-Barth. Sie leitet die Firma zusammen mit ihrer Schwester Rebecca Kawasch-Stock seit einigen Monaten. Jessica ist für den technischen Bereich inklusive Schädlingsbekämpfung zuständig, während Rebecca hauptsächlich den betriebswirtschaftlichen Teil und das Marketing betreut. Der heutige Kunde hatte reklamiert, dass sich die Taubenabwehr-Spikes vom Dach ablösen würden. Da der Kunde im dritten Stock wohnte, bestand eine akute Gefährdung für Passanten. Wir rückten mit einer Leiter an, mit der Jessica vom Balkon aus das Dach bestieg. Durch Witterung und UV-Strahlen hatte sich der Kleber gelöst, mit dem die Spikes auf dem Dach befestigt waren. Diese wurden wegen der Unfallgefahr (unten befindet sich eine Fußgängerzone) entfernt und mit dem Kunden vereinbart, diese zu ersetzen.

Zurück im Büro erklärte mir Jessica, wie die Dokumentation der Bekämpfungsmaßnahmen, die ich einige Tage vorher mit Muamer durchgeführt hatte, bis zur Rechnung an den Kunden weiterbearbeitet wird.

Nachmittags zeigte mir meine ehemalige Schülerin und Gebäudereinigermeisterin Dubravka Gavrilovic die Abläufe zur Organisation und Planung der Unterhaltsreinigung. Hier ist es besonders wichtig, die Teams, die Objekte und die Zeiten der Arbeiten geschickt zu koordinieren. Die Objektleiterinnen und die Bereichsleitung können dabei auf ihre großen Erfahrungswerte zurückgreifen. Auch hier spürte ich wieder sehr deutlich, wie die verschiedenen Abteilungen der Firma miteinander vernetzt sind.

Dann war schon der letzte Tag des Praktikums gekommen. Rebecca Kawasch-Stock zeigte mir das Marketing-Konzept der Firma. Vom Kaffeebecher über Schlüsselanhänger und Taschen bis hin zur Werbung im Radio und auf Bussen des ÖPNV gibt es viele verschiedene Werbearten, die Kawasch betreibt. Manche bringen neue Kunden, andere weniger.

Da das Unternehmen in den nächsten Monaten auf eine neue Firmensoftware umsteigt, zeigte Rebecca mir Einblicke in die Überlegungen, die für einen solchen Schritt nötig sind. Kawasch arbeitet dazu mit einem externen Dienstleister zusammen, der die Programmierung übernimmt. Alle Inhalte müssen jedoch zuvor gut überlegt sein und in einem Handbuch erfasst werden, was ein unglaublicher Aufwand ist.

Nachmittags stand noch ein Blick in die Organisation von Einkauf und Fuhrpark auf dem Programm. Robert Kister ging mit mir dazu noch einmal ins Lager und erklärte mir die Besonderheiten beim Einkauf von und der Lagerhaltung der Firma. Auch die Planung der Einsätze und die Wartung der Firmenfahrzeuge obliegt Robert Kister.

Mit einem gegenseitigen Feedback schlossen wir dieses Firmenpraktikum ab. Dieser Perspektivwechsel von der Lehrkraft zum Praktikanten bzw. Azubi hat mir riesigen Spaß gemacht und mir auch für meine Tätigkeit in der Schule viele neue Aspekte gegeben. Auch an dieser Stelle möchte ich mich nochmals für die Gelegenheit dazu bei der Firma Kawasch Dienstleistungen in Reutlingen sehr herzlich bedanken.